Quarib/Gharib

Installation von Lejla Dendic
Im Rahmen von Made in Stuttgart
20.–23. November 2025
Vernissage: Do, 20. November 2025, 18 Uhr
Theaterhaus, S-Feuerbach

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Künstlerin Lejla Dendić
Foto: Katharina Göppert
Ausgabe: November 2025

Künstlerin Lejla Dendić

„Mit meiner Kunst möchte ich ein Ansonsten entwerfen“

Als multidisziplinäre Künstlerin und visuelle Forscherin beschäftigt sich Lejla Dendić intensiv mit Schnittstellen von visueller Politik, Subjektivität und Widerstand. Im Rahmen des interkulturellen Festivals Made in Stuttgart ist ihre Arbeit Quarib/Gharib im Theaterhaus zu sehen.

Kleine Momente, deren große Veränderungskraft auf den ersten Blick nicht unbedingt erkennbar ist – gerade für diese Augenblicke hat Lejla Dendić eine hohe Sensibilität. Die Stuttgarter Künstlerin fühlt sich immer wieder durch Akte des Widerstands und Menschen, die sich selbst in schwierigsten Zeiten ihre Menschlichkeit erhalten können, inspiriert. In ihrer Kunst geht es ihr darum, dominante Narrative und Machtsysteme herauszufordern und alternative Entwürfe denkbar zu machen. Als ästhetische Räume sollen ihre Werke Menschen, die sich davon angesprochen fühlen, eine Zuflucht sein und so auch Gemeinschaft und kollektives Handeln motivieren können.

Kunst hat im Leben von Lejla Dendić schon immer eine große Rolle gespielt. Die Entscheidung diese zu ihrer Berufung zu machen, traf sie in der Schule, bestärkt durch einen Lehrer. Es folgten ein Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und verschiedene Auszeichnungen. 2023 erhielt sie das Shift-Stipendium des Kulturamts der Landeshauptstadt Stuttgart. Für 2026 ist sie Preisträgerin eines der sieben Kunststipendien des Landes Baden-Württemberg für die Cité internationale des arts in Paris.

Ausgangspunkt für künstlerische Projekte sind ihr meist persönliche Erfahrungen. Erinnerungen, Heilungsprozesse, kollektive Erfahrungen kolonialer Unterdrückung und damit entstehende Fragen prägen ihren kreativen Prozess. „Meistens schwebt irgendetwas in der Luft, das ich dann herausgreife“, beschreibt sie. Gleichermaßen forschungsbasiert wie intuitiv gestaltet sich dann der Weg zum entstehenden Werk. Zunächst legt die Künstlerin ein Archiv aus unterschiedlichen Impulsen und Materialien an. In einem anschließenden Kreislauf von Machen, Betrachten und Verwerfen tritt sie mit den einzelnen Elementen in Dialog, um sich der anfänglichen Frage, der Essenz des Projekts immer weiter anzunähern. „Es geht mir darum, Undurchsichtiges möglichst transparent zu machen“, erklärt sie.

Diesem Anspruch folgt auch die Installation Quarib/Gharib, die Lejla Dendić 2023 entwickelt hat, während sie Shift-Stipendiatin war. Sie ist dem Durchsetzungsvermögen muslimischer Sportlerinnen wie Salimata Sylla und Asma Elbadawi gewidmet, die sich gegen das Hijabverbot in professionellen Basketballverbänden zur Wehr setzen. Der Titel lässt sich als „Vertrautheit/Fremdsein“ übersetzen und verweist auf die ambivalente Erfahrung vieler hijabtragender Musliminnen, deren Körper immer wieder zum Gegenstand grenzüberschreitender und widersprüchlicher Debatten gemacht werden.

Das verwendete Glas changiert zwischen opaque und transparent. Als solches ist es zentrale Metapher für den Übergang von Anschein zu Essenz und versinnbildlicht das Spannungsfeld von Erfahrungen der Inklusion und Exklusion. Das aus verschieden texturierten Haaren gewebte Basketballnetz visualisiert dabei die Absurdität der anhaltenden Diskussionen um weibliche Körper.

Die Plastik soll Dialoge eröffnen und zum Hinterfragen eigener Positionen anregen, um auf diese Weise Machtdynamiken herauszufordern und gleichsam einen Raum für non-konforme Körper zu öffnen. Rückmeldungen anderer muslimischer Frauen, die sich durch ihre Installation gesehen fühlen, sind für Lejla Dendić dabei besonders erfüllend. Sie bestärken sie in ihrem Wunsch nach mehr Räumen, die Sichtbarkeit schaffen und Diskurse anregen. Diesen Wunsch setzt sie unter anderem mit Quarib/Gharib in die Welt. Vom 20. bis 23. November präsentiert sie die Installation im Theaterhaus Stuttgart.