Fachstelle Migration

Abteilung Integrationspolitik
Charlottenplatz 17
Stuttgart-Mitte
Tel. 216-575 75
migration@stuttgart.de

Fallbeispiel aus dem Beratungsalltag

Die Sozialarbeiterin einer Beratungsstelle meldet sich bei der Fachstelle Migration. Eine Rat suchende Familie hat Schwierigkeiten bei der Wiedereinreise aus einem Drittstaat. Im telefonischen Gespräch stellt sich heraus, dass das Kind eine „Antragsfiktion“ als Aufenthaltspapier hat. Daher kann es nicht zurück nach Deutschland reisen. Denn in Deutschland wurde noch nicht über den Aufenthaltsstatus entschieden. Eine „Antragsfiktion“ ist eine Bescheinigung, dass ein Antrag gestellt worden ist. Die Fachstelle Migration informiert die Sozialberaterin über das weitere Vorgehen: Um wieder einreisen zu können, müssen die Sorgeberechtigten für das Kind einen Antrag auf ein Visum zum Kindernachzug bei der Deutschen Botschaft im Heimatland stellen. Wird dem Kind ein Visum ausgestellt, kann die Familie wieder nach Deutschland einreisen.

Das hat nur Stuttgart: eine städtische Fachstelle Migration. Das Team – hier 5 von 7 Mitarbeitenden – und dessen Leiterin Suzana Hofmann (2. von links). Suzana Hofmann selbst ist schon 25 Jahre dabei.
Foto: Fachstelle Migration
Ausgabe: November 2025

Fachstelle Migration wird 30!

Wegweiser im Paragrafendickicht

Das Ausländerrecht kennt viele Regeln und Sonderfälle. Zuweilen suchen selbst Verwaltungen und NGOs nach Orientierung. Rat finden sie seit 30 Jahren bei der Stuttgarter Fachstelle Migration, berichtet die Leiterin Suzana Hofmann.

Die Fachstelle Migration ist als bundesweit einmaliges Projekt gestartet. Warum wurde sie eingerichtet?

Das Jahr 1995, in dem die Fachstelle Migration gegründet wurde, war durch die Kriege im damaligen Jugoslawien gekennzeichnet – in Kroatien, Bosnien und dem Kosovo. Die zahlreichen, in Stuttgart eintreffenden Bürgerkriegsflüchtlinge suchten Hilfe bei den verschiedenen Institutionen. Der Bedarf einer zentralen Koordinierungsstelle war zu spüren – sie sollte erforderliche Maßnahmen abstimmen. So wurde unsere Koordinierungsstelle zur Qualifizierung von Fachämtern und Institutionen und „zu den Fragen zum Verbleib bzw. Status von hilflosen Ausländern“ gegründet.

Wo liegt heute der Schwerpunkt?

Das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz veränderte unsere Arbeit. Die deutsche und die europäische Gesetzgebung boten nun viele Möglichkeiten der temporären oder dauerhaften Einwanderung nach Deutschland. Diese können aber nur beansprucht werden, wenn die Wege und die Möglichkeiten bekannt sind und die Betroffenen Unterstützung bekommen. Über Schulungen und Veranstaltungen gaben wir die gesetzlichen Änderungen weiter und unterstützten so die Institutionen, Ämter und freien Träger in ihrer täglichen Arbeit. So ist es bis heute. Wir sind, wenn Sie so wollen, eine Fachberatungsstelle für Beratungsstellen.

Sie hatten und haben auch Sonderaufgaben.

Ja. Zwischen 2005 und 2019 beriet die Fachstelle zum Beispiel drei Stuttgarter Bürgermeister*innen, die nacheinander Mitglied der Härtefallkommission des Landes Baden-Württemberg waren. Ich konnte Gabriele Müller-Trimbusch, Isabel Fezer und Werner Wölfle beim inhaltlichen Vorbereiten der Eingaben mit ausländerrechtlicher Expertise unterstützen. Die Eingaben stammten unter anderem von gut integrierten ausländischen Familien, die darum baten, trotz fehlenden Bleiberechts – etwa einer abgelaufenen Duldung – im Land bleiben zu können.

Wer sucht aktuell Rat?

Wir schulen Mitarbeitende von sozialen Diensten, Trägern der freien Wohlfahrtspflege sowie der Stadt Stuttgart. Zudem informieren und beraten wir sie per Telefon, Mail oder manchmal auch persönlich, wo vielfältige, oft ineinandergreifende Problemlagen angeschnitten werden. Dabei ist zu beobachten, dass das Thema Aufenthalt eine zentrale Position einnimmt. Weitere Themen wie Arbeit, Leistungsbezug und Ausbildung sind von großer Wichtigkeit. Hinzu kommen Einzelanfragen von Bewohner*innen aus Stuttgart.

Wie hat sich die Nachfrage in den letzten 30 Jahren entwickelt?

Die Anfragen steigen. Die Gesetzeslage der letzten Jahre ist sehr dynamisch. Wir sind stetig dabei, unsere Arbeit effizienter zu gestalten. Hätten wir das nicht geschafft, müssten wir 24 Stunden telefonieren. Wir setzen verstärkt auf Schulungen in Präsenz und Online. Im Jahr 2024 hatten wir außerdem mit Personalengpässen zu kämpfen. In unserem eng spezialisierten Bereich ist dies schwer zu kompensieren. Selbst wenn wir neue Mitarbeitende gewinnen, müssen wir sie erst ein halbes bis ein Jahr einarbeiten.

Könnte KI im Ausländerrecht helfen?

KI kann zu einer Rechtsfrage Gesetze, Verordnungen, höchstrichterliche Urteile und Jurist*innen-Meinungen auflisten und auswerten. Sie ist aber meiner Meinung nach nicht in der Lage, Fragen zu Einzelfällen richtig zu bearbeiten. Ich glaube, KI wird in dieser Hinsicht Menschen nie wirklich ersetzen können. Aber meine Oma würde sagen: „Zivi bili pa videli.“ Das ist serbisch und bedeutet: „Wir leben, dann werden wir sehen.“