Die jüngste Tochter

Frankreich/Deutschland 2025
Originaltitel: La petite dernière
107 Minuten
Regie: Hafsia Herzi
Mit: Nadia Melliti, Ji-Min Park, Amina Ben Mohamed, Melissa Guers, Rita Benmannan u. a.
Start: 25. Dezember 2025

 

Foto: © KathuStudio_ArteFrance_mk2Films_AlamodeFilm
Ausgabe: Dezember 2025 – Januar 2026

Die jüngste Tochter

Zwei Herzen in einer Brust

Fatima, Protagonistin in Hafsia Herzis „Die jüngste Tochter“, steht kurz vor ihrem Abitur. Doch die deutlich schwerere Prüfung hinsichtlich der Frage, wer die jüngste Tochter einer algerisch-französischen Einwandererfamilie in einer Banlieue von Paris sein will, wartet auch nach dem Ende der Schulzeit noch auf sie. Fatima geht regelmäßig zum Beten in die Moschee, ebenso regelmäßig spielt sie Fußball, wenn auch nur alleine für sich.

Dass ein Junge aus ihrer muslimischen Community ihr quasi einen Heiratsantrag macht, sie perspektivisch damit konfrontiert, als Mutter an den Herd zu verschwinden und sie auffordert, sich weiblicher zu kleiden, gefällt ihr nicht. Über Dating-Apps, in denen sie sich mit einem anderen Namen ausgibt, lernt sie Frauen kennen, die ihr homosexuelles Coming-Out bereits hinter sich haben. Und auch wenn Fatima spürt, dass sie sich in ihrer neuen Rolle als queere junge Frau frei fühlt – der innerliche Konflikt zu ihrem religiösen Glauben bleibt bestehen.

Die französische Drehbuchautorin und Regisseurin Hafsia Herzi, bekannt geworden durch ihre Rolle in Abdellatif Kechiches Couscous mit Fisch (2007), hat den autofiktionalen Debütroman von Fatima Daas aus dem Jahr 2020 adaptiert. „Aus eigener Erfahrung als ‚Mädchen aus der Sozialbausiedlung‘, das in den nördlichen Stadtvierteln von Marseille aufgewachsen ist, kenne ich Charaktere wie den von Fatima und weiß, dass es nicht leicht ist, anders zu sein – und dazu zu stehen. Doch diese Geschichte lässt sich nicht auf einen sozialen Typus reduzieren. Sie ist völlig universell“, sagt Herzi, die selbst als jüngste Tochter in einer französisch-tunesischen Familie aufgewachsen ist. Entsprechend wahrhaftig und emotional begleitet ihr Film das sexuelle Erwachsenwerden von Fatima und ihre Suche nach einem Platz in einer für sie zwischen Tradition und Aufbruch stehenden Welt.

Dass die Hauptdarstellerin Nadia Melliti, 2002 in Paris geboren, in ihrem Schauspieldebüt versiert ist im Umgang mit einem Fußball, kommt nicht von ungefähr. Tatsächlich wollte sie Profifußballerin werden. Mit ihr entdeckt man ein faszinierendes Gesicht auf der Leinwand, erblickt darin sowohl Stärke und Entschlossenheit wie auch Einsamkeit und Verlorensein – und spürt nachvollziehbar, wie in der Brust von Fatima zwei Herzen schlagen.