Fann Attiki: Cave 72

Aus dem Französischen von Christiane Kayser.
Lenos Verlag, 2025. 212 Seiten.

Ausgabe: April 2025

Fann Attiki: Cave 72

Fann Attikis Cave 72 gibt Einblick in den Maschinenraum der Macht – wo Kalkül und Zufall über Leben oder Tod entscheiden. Wer dem Apparat nicht selbst zum Opfer fallen will, muss andere finden, die ihre Köpfe herhalten. Den Brennpunkt des Romans bildet die titelgebende Bar in Brazzaville, geführt von Mâ Vouala, auch bekannt als Maman Nationale.

Einer Gruppe gebildeter junger Männer dient Mamans „Cave“ als Freiraum, um wenigstens für ein paar Stunden der Perspektivlosigkeit zu entkommen. Gemeinsam diskutieren sie die Absurditäten, die ihnen das Leben in einem autoritären System zumutet. Das geschieht ebenso humorvoll wie kritisch, mitunter lautstark und zynisch. Spitzel hören mit. Unversehens zieht sich die Schlinge zu. Der Machtapparat unterstellt ihnen, terroristische Umsturzpläne zu schmieden. Die Verhaftung der Unschuldigen entfacht landesweite Unruhen. Korruption und die patriarchalischen Strukturen des Regimes rücken in den Fokus der Öffentlichkeit – mit drastischen Folgen.

Auf nur wenig mehr als 200 Seiten entwirft Fann Attiki eine literarische Versuchsanordnung, die das autokratische System seiner Heimat Kongo-Brazzaville auf den Extremfall hin befragt. Damit hebt der Autor eines der ärmsten Länder der Welt ins Bewusstsein, das es trotz seiner katastrophalen Menschrechtslage kaum in die europäischen Schlagzeilen schafft. Attiki entrollt ein düsteres, gleichwohl lebenspralles Panorama vom prekären Alltag unter dem Joch der Macht, wo Lyrisches allein die Kehrseite des Grotesken ist. Lakonischer Blick und bildgewaltige Sprache speisen einen Erzählstrom von szenischer Prägnanz. Für sein Debüt Cave 72 erhielt Fann Attiki den renommierten Prix Voix d’Afriques. Keine Frage: hier betritt ein großer Hoffnungsträger die literarische Weltbühne.