
Haus der Kulturen Projektlabor
Stadtgesichter – wir alle sind Stuttgart.
Mo, 22. September 2025, 17.30–22 Uhr
Altes Schloss (Dürnitz), S-Mitte
Künstlerische Flashes, Talkrunde und viel Raum für persönlichen Austausch
In Kooperation mit dem Landesmuseum Württemberg und der Freien Tanz und Theaterszene Stuttgart
Anmeldung erwünscht: hdk@stuttgart.de
Weitere Infos: Haus der Kulturen
Ein Jahr Projektlabor Connect 0711
„Das Interesse am Haus der Kulturen ist riesig“
Wie ein schlafender Riese liegt das ehemalige Galeria-Kaufhof-Gebäude an der Eberhardstraße. Aktuell hält man sich dort nicht gerne auf. Die unmittelbare Umgebung ist eine einzige Baustelle. Doch das soll sich ändern. Wenn es bei den aktuellen Plänen bleibt, wird hier ein Ort entstehen, an dem neue Formen des Zusammenlebens erprobt und realisiert werden: Im Mai 2024 entschied der Ausschuss für Stadtentwicklung, dass das künftige Haus der Kulturen hier seinen Platz finden soll. Ein Ort mitten in der Stadt, offen, niedrigschwellig, vielfältig, kurz: ein Haus für alle – unabhängig von Herkunft, Sprache oder Bildung. Ein Ort, der Menschen verbindet, deren Wege sich sonst nicht kreuzen würden.
Nur wenige Schritte entfernt, im fünften Stock des Tagblatt-Turms, sitzt die Abteilung für Integrationspolitik der Stadt Stuttgart. An diesem Nachmittag treffen sich dort Ricarda Gregori, Anja Krutinat und Anastasia Kousidou. Sie gehören zum Lenkungskreis des Projektlabors Connect 0711, das vor gut einem Jahr mit vier Teilzeitmitarbeiter*innen gestartet ist. Gemeinsam mit Akteur*innen der (post-)migrantischen Stadtgesellschaft erarbeitet das Team Szenarien, die im Projektlabor erprobt werden sollen (mehr zur Struktur im Kasten).
In allen Bereichen Macht teilen
„Unsere Aufgabe ist es, zu testen, wie ein solches Haus in der Praxis funktioniert“, sagt Anja Krutinat, die das Forum der Kulturen Stuttgart e. V. (FdK) im Lenkungskreis vertritt. Das geht weit über die Planung eines Veranstaltungsprogramms hinaus. Die gesamte Struktur ist partizipativ angelegt. Die Perspektiven der künftigen Nutzerinnen – (post-)migrantische Organisationen und stadtgesellschaftliche Akteur*innen – sind von Anfang an integraler Bestandteil des Entwicklungsprozesses. „Im Kern geht es darum, in allen Bereichen Macht zu teilen – bei der Raumvergabe, in der Verwaltung, bei finanziellen Entscheidungen“, so Anja Krutinat.
Wäre alles nach Plan gelaufen, hätte das Projektlabor längst eigene Räume. Rund 300 bis 400 Quadratmeter im Erdgeschoss des Kaufhof-Gebäudes waren vorgesehen. Doch dann kam zum Ende des Jahres 2024 die schlechte Nachricht: Eine bautechnische Untersuchung hatte ergeben, dass das Kaufhof-Gebäude vorerst nicht nutzbar sei. Ein Rückschlag für das Projektlabor – aber kein Grund zum Aufgeben.
Das Team sucht seitdem aktiv nach einem neuen Ort. Um in der Öffentlichkeit präsent zu bleiben, wurde und wird das mobile Konzept, das ursprünglich nur für den Übergang gedacht war, weitergeführt. So kann Connect 0711 rund ein Jahr nach seiner Gründung trotz erschwerter Bedingungen auf eine ganze Reihe von Veranstaltungen, Workshops und Netzwerktreffen an wechselnden Orten zurückblicken. Organisiert wurden sie von Elisavet Gkantia vom Verein für internationale Jugendarbeit (ViJ) und Gianluca Maccuro vom Forum der Kulturen Stuttgart e. V., die gemeinsam das Programmteam bilden.

Eine der ersten Aktionen war am 7. Juli 2024 die Podiumsdiskussion Was können wir vom Fußball (ver)lernen? im Restaurant Bahn Mi & Bubbles direkt vis à vis vom ehemaligen Kaufhausgebäude. Anlässlich der Europameisterschaft 2024 in Stuttgart diskutierten Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen über ihre Erfahrungen in Sachen Vielfalt im Sport.
Eine ganz andere Aktion war der Möbelbautag unter der Federführung von Felix Haußmann vom Institut für Städtebau der Uni Stuttgart – ebenfalls im letzten Jahr. In großer Runde wurden Entwürfe für ein mobiles Veranstaltungsmöbel gemeinsam beurteilt. Dieses außergewöhnliche Möbel – eine Art hölzerner Marktstand – wurde inzwischen gebaut und kam unter anderem beim Festival der Kulturen 2024 zum Einsatz. Es repräsentiert seither die Idee des Hauses nach außen.
Im November und Dezember 2024 bot das Linden-Museum im Rahmen des Projekts FreiRaum eine Veranstaltungsfläche. Das Projektlabor nutzte sie für Workshops, Vorträge, Performances, einen Film- und Spoken-Word-Abend.
Im März und April 2025 war Connect 0711 dann einmal wöchentlich im Reallabor 1a Lage in der Königstraße 1a zu Gast. Auch bei der Kubus-Aktion Sukkat Salām im Mai 2025 auf dem Marienplatz war das Projektlabor vertreten. Dazu kam eine Menge kleinere Formate.
Was bei all diesen Veranstaltungen und Workshops immer wieder klar wurde: Das Interesse am Haus der Kulturen ist riesig. Hier bewährt sich, dass die Stadt seit Jahrzehnten auf eine gezielte Integrationspolitik setzt. „Stuttgart fördert seit vielen Jahren Empowerment-Projekte für engagierte Menschen mit Migrationshintergrund“, erklärt Anastasia Kousidou vom ViJ. „Diese Projekte werden äußerst positiv wahrgenommen. Daran lässt sich ermessen, wie groß der Bedarf an Gestaltungsspielräumen ist“, so Kousidou.
Positive Auswirkung auf regionale Wirtschaft
Wichtig ist ihr, dass die positiven Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft gesehen werden. Wenn sich Fachkräfte mit Migrationshintergrund hier wohlfühlen, dann bleiben sie auch gerne in der Region“, betont sie. Projektleiterin Ricarda Gregori, Mitarbeiterin der Abteilung Integrationspolitik der Stadt Stuttgart, formuliert es als praktisches Beispiel: „Wenn Fachkräfte nach Stuttgart kommen, um hier zu arbeiten, dann finden sie im Projektlabor Connect 0711 und später dann im Haus der Kulturen einen Ort, an dem sie sich von Anfang an zuhause fühlen und gemeinsam mit anderen etwas gestalten können. Das gilt für Pflegepersonal ebenso wie für Fachkräfte aus der Industrie oder dem Handwerk.“
Einig sind sich die Aktiven des Projektlabors darin, dass die derzeitige mobile Form nur eine Zwischenlösung darstellen kann. Dafür gibt es einen einfachen Grund: „Vielfalt braucht Sichtbarkeit“, erklärt Ricarda Gregori. „Migrantische Gruppen sind von jeher bei anderen Institutionen zu Gast. Das Wesentliche des Konzepts besteht aber gerade darin, dass ein eigener Ort geschaffen wird, der allen gehört und deshalb auch gemeinsam gestaltet werden kann. So etwas kann man nicht mal hier und mal da machen. Damit etwas Neues entstehen kann, braucht es Raum.“

Und der ist hoffentlich schon in Sicht. In der Eberhardstraße 63 – gleich neben dem Tagblatt-Turm – wird gerade ein Gebäude saniert. Wenn alles nach Plan läuft, kann das Projektlabor dort bald das Erdgeschoss und den ersten Stock beziehen. Ein erster Schritt – raus aus der Zwischenlösung, hin zum realen Labor und schließlich zu einem echten Haus der Kulturen.
Das Projektlabor Connect 0711
Im Herbst 2023 beschloss der Stuttgarter Gemeinderat, ein Projektlabor für das geplante Haus der Kulturen einzurichten. Ziel: Die Idee soll im Kleinen praktisch erprobt werden – mit Raum für Erfahrung, Irrtum und gemeinsames Lernen.
Seit Frühjahr 2024 ist Connect 0711 aktiv. Zum im Artikel erwähnten Kernteam mit vier Personen kommt je eine Vertreterin der beiden Trägerorganisationen in steuernder Funktion, so dass insgesamt sechs Personen in unterschiedlichem Umfang eingebunden sind. Einen wichtigen Part hat ein Kreis von ehrenamtlich Aktiven aus dem Umfeld (post-)migrantischer Kulturschaffender und Vereine. Diese haben sich von Beginn an vor allem aus der Perspektive zukünftiger Nutzer*innen des Hauses der Kulturen eingebracht und gestalten aktuelle Programme und Entwicklungen maßgeblich mit. Federführend ist die Abteilung für Integrationspolitik der Stadt Stuttgart. Träger sind das Forum der Kulturen Stuttgart e. V. (FdK) und der Verein für Internationale Jugendarbeit e. V. (ViJ).