Cornelia Christian und Dr. Jan Neidhardt, Vorstandsmitglieder des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS).
Foto: VVS
Ausgabe: Juli - August - September 2025

VVS-Vorstandsmitglieder im Interview

Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe

Wenn es um Nachhaltigkeit geht, denkt man beim Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) vermutlich zunächst an umweltfreundliche Mobilität. Doch auch im sozialen Bereich trägt der VVS Verantwortung – für Vielfalt, Chancengleichheit und ein faires Miteinander. Im Interview erklären die Vorstandsmitglieder Cornelia Christian und Dr. Jan Neidhardt, wie das Unternehmen diese Aufgaben angeht.

Frau Christian, der öffentliche Nahverkehr ist ja eine Art Mikrokosmos, in dem ganz unterschiedliche Menschen aufeinandertreffen. Welche Bedeutung hat er in Ihren Augen für den sozialen Zusammenhalt in einer vielfältigen Stadtgesellschaft?

Cornelia Christian: Busse und Bahnen sind nicht nur zeitgemäße, weil umweltfreundliche Transportmittel. Der öffentliche Nahverkehr ist auch ein Ort der Begegnung. Menschen unterschiedlichster Herkunft, Altersgruppen, Berufe und Lebensrealitäten teilen denselben Raum. Diese alltägliche Nähe schafft ein Bewusstsein für Vielfalt und fördert gegenseitigen Respekt. Wir sehen uns zusammen mit unseren Partnern in der Verantwortung, diesen wichtigen Raum so zu gestalten, dass er für alle sicher, zugänglich und inklusiv ist. Gemeinsam möchten wir daran arbeiten, eine Umgebung zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen und aufeinander Acht geben. Damit leisten wir einen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt in Stuttgart und der ganzen Region.

People of Colour werden immer wieder mit rassistischen Verhaltensweisen konfrontiert. Welche Möglichkeiten hat der VVS hier einzugreifen und gegebenenfalls zu schützen?

Cornelia Christian: Rassismus hat im öffentlichen Raum keinen Platz – auch nicht in den Öffentlichen im VVS-Gebiet oder an den Haltestellen. Die Mitarbeitenden in der Kundenberatung und im Fahrdienst unserer Partner werden regelmäßig zu Themen wie Diskriminierung, Deeskalation und interkultureller Sensibilität geschult. Zudem arbeiten wir eng mit Sicherheitsdiensten und der Polizei zusammen, um bei Vorfällen schnell und angemessen reagieren zu können. Die Fahrgäste sollen sich in allen Situationen im VVS sicher fühlen. Wichtig ist dabei auch die Sichtbarkeit: Durch Kampagnen und Kooperationen – wie mit dem Sommerfestival der Kulturen – setzen wir ein klares Zeichen gegen Rassismus.

Welches Verhalten empfehlen Sie Mitreisenden, die eine solche Situation erleben?

Cornelia Christian: Zivilcourage ist gefragt – aber immer mit Bedacht. „Ruhig bleiben – Helfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen“, ist einer der wichtigsten Grundsätze. Wer eine rassistische Situation beobachtet, sollte sich solidarisch zeigen, zum Beispiel durch verbale Unterstützung oder Deeskalation und gleichzeitig weitere Passanten oder Mitfahrer um Hilfe bitten. Fahrgäste können sich auch direkt über die Sprechtaste an das Fahrpersonal wenden, das dann Hilfe anfordern kann.

Herr Neidhardt, spiegelt sich die Vielfalt der Region auch in der Belegschaft des VVS wider?

Jan Neidhardt: Der VVS legt großen Wert auf eine inklusive und diverse Arbeitsumgebung. Dies bereichert unser Team und ermöglicht es uns, besser auf die Bedürfnisse unserer vielfältigen Fahrgäste einzugehen.

Wir fördern ein Arbeitsumfeld, in dem sich alle willkommen und wertgeschätzt fühlen. Deshalb haben wir auch die Charta der Vielfalt unterschrieben. Sie steht für Vielfalt in Unternehmen und Institutionen. Wir setzen damit ein klares Zeichen für Vielfalt und Toleranz in der Arbeitswelt. Damit signalisieren wir die Wertschätzung aller Mitarbeitenden unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung und sozialer Herkunft.

Welche Ziele hat der VVS in Bezug auf Inklusion und kulturelle Vielfalt für die kommenden Jahre?

Jan Neidhardt: Unser Ziel ist es, Barrieren weiter abzubauen – sowohl im physischen Zugang zum Nahverkehr als auch im sozialen Miteinander. Dazu gehören barrierefreie Fahrzeuge und Haltestellen ebenso wie mehrsprachige Informationen und eine sensible Kommunikation in Bezug auf Diversität. Wir möchten auch gezielt Menschen mit Migrationsgeschichte für eine Karriere im Nahverkehr gewinnen. Vielfalt soll nicht nur sichtbar, sondern auch spürbar sein.

Was wünschen Sie sich von der Stadtgesellschaft und der Politik, um Mobilität noch gerechter zu gestalten?

Jan Neidhardt: Mobilität ist ein Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe. Wir wünschen uns eine enge Zusammenarbeit mit Politik, Zivilgesellschaft und Bildungseinrichtungen, um Mobilitätsangebote noch besser auf die Bedürfnisse aller Menschen abzustimmen. Dazu gehören auch eine gute Anbindung in allen Stadtteilen und Gebieten des VVS, barrierefreie Haltestellen sowie funktionierende Aufzüge und Rolltreppen. Nur gemeinsam können wir eine gerechte und nachhaltige Mobilität für alle schaffen.