Nicolás Ferraro: Ámbar

Aus dem argentinischen Spanisch von Kirsten Brandt.
Pendragon Verlag, 2025.
312 Seiten.

Ausgabe: Juli - August - September 2025

Nicolás Ferraro: Ámbar

Aus dem argentinischen „Du bist meine liebste Narbe.“ So lautet der erste Satz im Thriller Ámbar des Argentiniers Nicolás Ferraro, erschienen 2021 und nun ins Deutsche übersetzt. Gemeint mit der Narbe ist ein Tattoo, das sich Victor, der Vater der noch jugendlichen Titelheldin Ámbar, nebst zwei Hibiskusblüten auf den Unterarm tätowiert hat. In der Einstiegsszene fließt Blut über den Schriftzug, was in der Folge eine Narbe auf Papas Körper hinterlassen wird. Von denen hat er nicht wenige, und meist erinnern sie an Gewalt in Verbindung mit kriminellen Auseinandersetzungen. Victor ist nämlich Gangster – und auch jetzt wieder unterwegs auf „Mission“, mit dabei die 15-jährige Tochter, die auf dem Walkman gerne Pearl Jam hört und ihm im Ernstfall die Wunden verarzten hilft.

Der 1986 in Buenos Aires geborene Nicolás Ferraro, ein gelernter Grafikdesigner, arbeitet in der Abteilung für Kriminalistik in der Nationalbibliothek seines Heimatlandes. Gute Voraussetzungen also. Und trotzdem ist sein Roman kein typischer Krimi, sondern ein Coming-of-Age-Roman in Kombination mit einer Roadnovel. In einem alten VW 1500 bewegen sich Vater und Tochter fort, sind unterwegs im heißen und staubigen Norden im Grenzgebiet zu Paraguay, wie vereinzelt eingestreute Worte auf Guaraní andeuten. Erzählt ist der spannungsreiche Roman aus der Sicht von Ámbar, die sich eine Menge Gedanken macht über diese Art von Leben, insbesondere, da sie an der Schwelle zum Erwachsensein steht. Ständig muss sie sich wechselnde Identitäten überlegen, muss bereit sein, aufzubrechen, muss sich wehren inmitten einer Gesellschaft voller Machos. Ein eigenes Leben, zumindest eines wie Gleichaltrige, hat sie nicht wirklich. Und auch über ein Tattoo denkt sie nach.