Stuttgart, das sind wir! Eine Reise um die Welt
Erstes Kinderbuch des Forums der Kulturen
Stuttgart, das sind wir!
„Das Schöne an diesem mehrsprachigen Kinderbuch Stuttgart, das sind wir! Eine Reise um die Welt ist, dass es ein echtes Gemeinschaftsprojekt auf Augenhöhe ist: Kinder, Jugendliche und Eltern von insgesamt vier (post-)migrantischen Mitgliedsvereinen haben es kreiert. Sie alle sind die Autor*innen“, erzählt Antonio Russo, Projektleiter des Fachbereichs Eltern-, Kinder- und Jugendbildung des Forums der Kulturen Stuttgart und Initiator dieses Buchprojekts. „Mit ganz viel Engagement haben sie ihre Ideen, ihre Wünsche, Träume, ihre Herzensangelegenheiten kreativ miteingebracht. Jeder einzelne Beitrag ist eine Bereicherung.“
Von China bis nach Kuba, über Kamerun bis in die Ukraine und zurück nach Stuttgart: In dem Kinderbuch, das im Rahmen des Projekts Gelebte Mehrsprachigkeit – Reise in die eigene Migrationsgeschichte entstanden ist, begeben sich die Lesenden auf eine Reise durch vier verschiedene Länder und Kulturen, gleichzeitig gibt es einen Bezug zu Stuttgart – die Stadt, in der alle, die am Projekt teilgenommen haben, leben.
Repräsentiert werden dabei die Sprachen Chinesisch vom China Kultur-Kreis e. V., Ukrainisch vom Ukrainischen Atelier für Kultur und Sport e. V., Spanisch von Punto de En- cuentro e. V. und Fe’efe’e (Sprache der Westprovinz von Kamerun) von der Cameroonian Association of Stuttgart and Environs (CamAS) e. V. – samt deutscher Übersetzung der Inhalte. Das Buch ist mehr als nur eine Sammlung von Geschichten. Es ist ein wertvolles Werkzeug für Schulen, pädagogische Fach- und Lehrkräfte, Vereinsaktive und Familien, um die Vielfalt in Stuttgart aufzuzeigen, um Brücken zwischen Kulturen zu bauen und um kleine und große Menschen zu wichtigen Themen wie Mehrsprachigkeit, Zusammengehörigkeit, Inklusion und vieles mehr zu sensibilisieren.
Sprache und Sprachentwicklung ist nicht nur für die kognitive Entwicklung eines Kindes relevant, sondern sorgt auch für ein Zugehörigkeitsgefühl.
Mit diesem Beteiligungsprojekt erhalten Menschen mit Migrationsgeschichte mehr Sichtbarkeit in der Stadtgesellschaft. Bereits die Jüngsten in unserer Gesellschaft sollten mit diesem erreicht und aktiv eingebunden werden, wie Antonio Russo erklärt: „Mehrsprachigkeit ist sehr wichtig in unserer Gesellschaft und damit auch für alle Kinder! Egal, ob sie nur eine oder mehrere Sprachen sprechen. Sprache und dahingehend Sprachentwicklung ist nicht nur für die gesamte kognitive Entwicklung eines Kindes relevant, sondern Sprache verbindet, ist sehr stark mit der eigenen Identität verwoben und sorgt für ein Zugehörigkeitsgefühl. Mit dem Buch wollten wir diese Aspekte stärken und sichtbar machen.“
Es soll aber auch die Neugier für andere Sprachen wecken: „Die Kinder und Jugendlichen haben anhand dieses Projekts die Möglichkeit erhalten, die Schönheit und Wichtigkeit der eigenen Sprache, aber ebenso auch anderer Sprachen kennenzulernen und zu erleben. Außerdem erfahren sie hierdurch ganz spielerisch, was Teilhabe bedeutet und wie wichtig sie ist“.
Rezepte, Sprüche, Worte, Gedichte und Spiele mit dem geschriebenen Wort festzuhalten: Das war den Projektverantwortlichen wichtig. „Eine Lese-, Erzähl- und Schriftkultur (der Oberbegriff hierzu ist „literacy“ aus dem Englischen) ist ein wichtiger Bestandteil von Menschenleben. Etwas schriftlich festzuhalten ist ebenso ein gewichtiger Teil in Bezug auf Erinnerungskultur. Das Kinderbuch vereint ebendiese ,literacy‘ sowie Erinnerungskultur mit den Bedarfen der jungen Teilnehmenden und ihren Eltern – mit besonderem Fokus auf die eigene Migrationsgeschichte. Somit wird eine neue Form der multiperspektivischen Erinnerungskultur in der Migrationsgesellschaft erschaffen“, so Russo.
Kseniya Fuchs, Vorsitzende vom Ukrainischen Atelier für Kultur und Sport e. V. und eine der Projektleitungen, freut sich: „Ich war von Anfang an von der Idee begeistert, dass das Projekt die enge Zusammenarbeit mit den Kindern voraussieht. Es bedeutet so viel für sie, an etwas so Großem wie einem Buch zusammenzuarbeiten und dabei noch etwas über die eigene Kultur erzählen zu können“. Sie betont, dass Fremdsprachen die Türe in andere Kulturen und Gesellschaften öffnen würden: „Das ist eine bezaubernde Reise, die ich jedem Menschen empfehlen würde. Je mehr sich auf diese Reise begeben, wie in unserem Buch, desto besser!“
Autorin Stéphanie Noupoué vom Verein CamAS e. V., ist eine weitere Projektleitung und ebenfalls von dem Kinderbuch begeistert. „Besonders für Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund bietet dieses Projekt eine wunderbare Gelegenheit, ihre Herkunftssprache zu würdigen und zu fördern. Viele dieser Kinder sprechen ihre Mut- tersprache/Herkunftssprache zu Hause, haben jedoch oft nicht die Möglichkeit, sie zu lesen oder zu schreiben, da sie in der Schule eine andere Sprache lernen. Indem sie nun
durch dieses Projekt ihre eigene Sprache mit anderen teilen können, erfahren sie eine enorme Wertschätzung für ihre kulturelle Identität und Sprache.“ Noupoués Töchter waren ebenfalls an der Gestaltung beteiligt und berichten von ihrer Erfahrung: „Die Menschen werden in dem Buch meine gemalten Bilder sehen – Bilder, die aus meinem Kopf kommen und die ich mir ausgedacht habe. Das finde ich großartig und es macht mich richtig stolz. Mir hat es Spaß gemacht, mit anderen Kindern die Inhalte zu gestalten“, erzählt Phanie. Ihre Schwester Brunie findet: „Es ist bereichernd, mehrere Sprachen zu sprechen. Ich wachse mit verschiedenen Sprachen auf: Zu Hause spreche ich Fe’efe’e und Französisch, in der Schule lerne ich Deutsch und Englisch. Diese Sprachvielfalt ist einfach großartig und gibt mir das Gefühl, in vielen Länder daheim zu sein.“
Eine offizielle Buchvorstellung darf natürlich nicht fehlen: Das Forum der Kulturen lädt hierzu am 21. Februar 2025 herzlich in die Stadtbibliothek Stuttgart ein. Der ist übrigens gleichzeitig der Tag der Mehrsprachigkeit – perfekt also, um die Thematik zu feiern und sichtbar zu machen. Es gibt ein Programm mit Lesungen, interaktiven Aktionen und der Gelegenheit zum Austausch mit den Autor*innen und Illustrator*innen.
Zur Entstehung des Buches gibt es übrigens eine rührende Hintergrundgeschichte: Antonio Russo hat sie in einem berührenden Nachwort im Buch verewigt. So viel verrät er bereits jetzt: „Meine Großmutter hat für mich über viele Jahre hinweg ein Buch mit Gedichten und Sprüchen auf Neapolitanisch sowie Geschichten aus der neapolitanischen Tradition verfasst. Sie hat mir damit ein solch großes Geschenk gemacht, das für immer bleibt. Und genau so ist es auch mit unserem Kinderbuch Stuttgart, das sind wir! Eine Reise um die Welt: Es ist etwas, das bleibt!“