The Light of Aisha

Deutschlandpremiere.
4. Dezember 2025, 10 Uhr
6. Dezember, 15 Uhr
Innenstadtkinos Stuttgart, Bolzstr. 4, S-Mitte
www.filmschaubw.de
www.studio-junoon.com

 

Foto: Filmschau BW
Ausgabe: Dezember 2025 – Januar 2026

Animationsfilm-Regisseurin Shadi Adib

Die Heldinnenreise

Shadi Adib ist Regisseurin einer Co-Produktion zwischen Spanien, Deutschland und Singapur. Sie studierte in Teheran und Ludwigsburg Animation. Ihr Markenzeichen sind außergewöhnliche Charaktere. The Light of Aisha, ihr erster animierter Spielfilm, erscheint in Kinos weltweit und feiert bei der Filmschau Baden-Württemberg im Dezember 2025 Deutschlandpremiere.

Ein junges Mädchen entscheidet sich gegen Naturwissenschaften und für die Kunst. Shadi Adib wächst in Teheran auf und wechselt mit 14 auf eine Kunstschule. Die Eltern hoffen, dass sie wie ihre Schwester Mathematik studiert. Mit 16 fährt sie täglich stundenlang durch die Stadt, um Kunst zu lernen. „Teheran ist riesig, meine Schule war am anderen Ende der Stadt. Viel Zeit verbrachte ich im Bus.“ Das Studium habe sich gelohnt, sagt die Animationskünstlerin. „Ich traf auf Gleichgesinnte.“

2013 zieht Shadi von der persischen Metropole nach Ludwigsburg, um an der Filmakademie zu studieren – ohne Land und Sprache zu kennen. „Ich fühlte mich anfangs wie auf einem fremden Planeten“, erinnert sie sich. Das erste Jahr in Deutschland erlebt sie „voller Euphorie“. Sie lernt Menschen, Kultur und das schwäbische Essen „Linsen und Spätzle“ kennen. In einem kleinen italienischen Café trifft sie ihren späteren Mann Francesco, der ebenfalls an der Filmakademie studiert. Das Studium bringt Shadi Adib, die als Kind kaum ruhig sitzen konnte, an ihre Grenzen. „Ich zeichnete manchmal 16 Stunden am Tag.“

The Light of Aisha

Aisha lebt im Königreich Al-Andalus des 11. Jahrhunderts, wo Feuerwerke die beliebteste Unterhaltung sind. Die 14-Jährige träumt davon, Pyrotechnikerin zu werden und eine Rakete zu bauen. Ihr Vater Ahmad möchte jedoch, dass sie den Familienberuf der Kalligrafie fortführt. Als der Abenteurer Txawir in die Stadt kommt, sieht Aisha die Chance, ihren Traum zu verwirklichen. Dafür muss sie ihm Zugang zu einem gefährlichen Buch verschaffen, das ihr Vater in der Palastbibliothek bewacht. Txawir stiehlt das Buch und verschwindet – Ahmad wird beschuldigt und inhaftiert. Aisha begibt sich auf eine abenteuerliche Reise, um das Buch zurückzuholen und ihren Vater zu retten.

The Light of Aisha.

Eine spanische Produktionsfirma hat dieses 130-seitige Skript eines andalusischen Märchens vorliegen und sucht dafür eine mutige, starke Frau in der Umsetzung. Shadi Adib wird für die Regie auserwählt. Doch bevor sie mit dem Storyboard beginnen kann, muss sie das Skript um 40 Seiten kürzen. Dann macht sie sich an die Skizzen, setzt Wort für Wort in Scribbles um – „und verteilt orientalische Gewürze“.

„Die Handlung spielt im muslimisch geprägten 11. Jahrhundert in Andalusien. Haben die Menschen damals Brillen getragen? Wie sahen die Gebäude aus?“ Adib stellt sich viele Fragen, während sie die Blueprints für die VFX-Produktion erstellt und arabische Musik hört, um Szenerie und Atmosphäre nachzuempfinden. Der Zeitplan ist eng. „Ich tappte im Dunkeln. Zwei Jahre waren für die Produktion eingeplant. Ich wusste, ich mache hier etwas Unmögliches“, sagt sie. Für vergleichbare Animationsfilme seien drei bis vier Jahre üblich. „Ich habe gekämpft, und es hat sich gelohnt.“

Die Regisseurin legt Wert auf unperfekte Charaktere. „Aisha zum Beispiel hat eine große Nase. Sie ist ein freches Mädchen, das Konventionen überwindet.“ Die Figuren in Shadi Adibs Werken müssen „ein bisschen edgy“ sein. Die perfekten Animationen von Disney entsprächen nicht ihrer Vorstellung – zu einheitlich, zu glatt. Bei einer Traumszene kämpft sie dafür, diese in Stop Motion umzusetzen. „Nicht wie der Rest am Computer.“ Shadi hilft beim Puppenbau mit. „Animiert wurde das von einem talentierten und erfahrenen Artisten, der auch schon beim letzten Chicken Run-Film mitgearbeitet hat.“

Als sich kein Editor für das enge Zeitfenster findet, übernimmt Adib erneut – gemeinsam mit ihrem Mann Francesco Faranna, der Animation & Effects Producing studierte und bereits für Serien, Werbung und PETA-Projekte arbeitete.

Vom Trickfilm zum eigenen Studio

„Wir haben uns nächtelang in unser Studio eingeschlossen. Es gab viel Streit, doch am Ende erkannten wir, dass wir uns auch beruflich ergänzen.“ Shadi strahlt und führt durch das Studio. Francesco arbeitet konzentriert an mehreren Bildschirmen. Die Regisseurin hat eine Weiterbildung in Women Entrepreneurship absolviert. Mit ihrem Mann und Mitstreiter hat sie inzwischen ein gemeinsames Studio gegründet.

„Wer als Trickfilmregisseurin arbeitet, muss verrückt sein“, lacht Shadi. Das Zeichnen bleibt ihre Passion, die sie auf ihrer Reise begleitet. Den Mut und den Starrsinn teilt sie mit ihrer Heldin Aisha. Auf Katalanisch, Englisch und Kroatisch ist das Trickfilmabenteuer bereits synchronisiert. Wie es sich anfühlt, das eigene Werk fertig zu sehen? „Ich habe erstmal genug gesehen“, lacht sie. Wer in die fantastisch unkonventionelle Welt der Aisha eintauchen möchte, hat bei der Filmschau, dem 31. Landesfilmfestival, die Gelegenheit.